Stadtarchäologie
Seit 2023 verfügt die Stadt Warendorf über eine eigene Stadtarchäologie, die dem Amt 63 Bauordnung und Denkmalpflege angegliedert ist. Die rege Bautätigkeit auf Stadtgebiet führt zwangsläufig zum Auffinden von Bodendenkmälern, die wiederum gem. aktueller Fassung des Denkmalschutzgesetzes archäologisch untersucht und dokumentiert werden müssen.
Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG NRW)
Neben der historischen Altstadt, in der auch heute noch das mittelalterliche und neuzeitliche Stadtbild erkennbar ist, gewähren die Warendorfer Ortsteile Blicke über das frühe Mittelalter, die Völkerwanderungszeit und die Eisenzeit bis zurück in die Steinzeit. Die Stadtarchäologie hat sich zur Aufgabe gesetzt die Geschichte Warendorfs im Einklang mit der gesetzlichen Bodendenkmalpflege zu sichern und zu erforschen.
Aufgabe der Stadtarchäologie
Die Stadtarchäologie Warendorf ist in alle relevanten städtischen Planungsprozesse eingebunden und trägt zur Optimierung der Abläufe zwischen Archäologie und Bauvorhaben bei, ohne die Interessen der Bauherren sowie der Denkmalpflege außer Acht zu lassen.
Sollte ein unvermeidbarer Bodeneingriff stattfinden, da ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht, begleitet die Stadtarchäologie Warendorf diese Arbeiten, dokumentiert die vorgefundene Bodendenkmalsubstanz und gibt diese im Anschluss, im Einklang mit dem Denkmalschutzgesetz und der Denkmalfachbehörde (LWL-Archäologie für Westfalen) frei.
Die Dokumentation archäologisch relevanter Befunde beinhaltet die fachgerechte Freilegung, die fotografische, ggf. auch die zeichnerische Dokumentation, sowie die lagegenaue Einmessung vor Ort.
Im Rahmen der Nachbereitung im Innendienst wird die dokumentierte Bodendenkmalsubstanz digital aufgearbeitet und für spätere Publikationen vorbereitet.Derzeit betreut die Stadtarchäologie Warendorf nur stadteigene Baumaßnahmen und Bodeneingriffe.
Was sind Bodendenkmäler?
Im Gegensatz zu Baudenkmälern sind Bodendenkmäler und deren wissenschaftlicher Wert nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Per Definition sind Bodendenkmäler „Denkmäler, die sich im Boden oder in Gewässern befinden oder befanden. Als Bodendenkmäler gelten auch Zeugnisse tierischen und pflanzlichen Lebens aus erdgeschichtlicher Zeit, ferner Veränderungen und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit, die durch nicht mehr selbstständig erkennbare Bodendenkmäler hervorgerufen worden sind […].“
Somit ist nicht nur der Rest einer Stadtmauer oder eines Kellerfundaments, sondern auch ein erhaltener Holzpfosten, eine alte Oberfläche, oder sogar eine Bodenverfärbung ein Bodendenkmal.
DSchG NRW §2(5) BegriffsbestimmungenVerhalten bei Auffinden von Bodendenkmälern
Das Denkmalschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen sieht vor, dass entdeckte Bodendenkmäler „unverzüglich der Unteren Denkmalbehörde oder dem zuständigen Denkmalfachamt“ zu melden sind und das „entdeckte Bodendenkmal und die Entdeckungsstätte […] bis zum Ablauf von einer Woche nach der Anzeige unverändert“ bleiben muss, bis eine „sachgerechte Untersuchung oder Bergung des Bodendenkmals“ durchgeführt wurde, oder das entdeckte Bodendenkmal freigegeben wird.
DSchG NrW §16 Entdeckung von Bodendenkmälern
Nicht nur Bauunternehmen, sondern auch Privatpersonen sind somit dazu verpflichtet Bodendenkmäler anzuzeigen und damit zur Erforschung der Stadtgeschichte beizutragen. Funde können der Stadtarchäologie Warendorf oder der LWL-Archäologie, Außenstelle Münster gemeldet werden.Ausgrabungen "Königstal" in Milte
In den Jahre 2021 bis Mitte 2023 fanden bauvorgreifende archäologische Ausgrabungen im geplanten Baugebiet Königstal II in Warendorf-Milte statt. Dabei wurden Befunde aus dem Mesolithikum (Mittelsteinzeit), der Eisenzeit, der Römischen Kaiserzeit und dem Frühmittelalter dokumentiert werden. Highlights sind neben den über 30 Grubenhäusern (in den Boden eingelassene und überdachte Werk- und Arbeitsstätten), auch eine Vielzahl von Wohngebäuden, die auf ca. 3,5 Hektar Grabungsfläche freigelegt wurden. Auch wenn die Arbeiten im Feld mittlerweile abgeschlossen sind, wird die Nachbereitung der Grabungsdokumentation, sowie die Fundauswertung die Stadtarchäologie auch in den nächsten Jahren noch beschäftigen.
Vortrag Dennis Becker und Ingo Pfeffer über die Ausgrabungen in Milte
Videodienste für die Dauer des Besuches erlaubenVideodienste erlaubenVideodienste nicht weiter zulassen Ausgrabung "Elsbergplatz" (Im Ort) in Warendorf
Der Elsbergplatz, der bisher eher nur als Kreuzung zwischen Münsterstraße, Freckenhorster Str., Krickmarkt und der Straße Im Ort wahrgenommen wurde, soll nach Abschluss der Fußgängerzonensanierung mit der Installation eines Fontänenfelds aufgewertet werden. Für solche Fontänenfelder sind zum Teil mächtige Bodeneingriffe zur Installation der Technik notwendig, weswegen bereits im Vorfeld archäologische Untersuchungen dort stattgefunden haben.
Historische Platzsituationen sind aus archäologischer Sicht generell interessant weil sich dort über einen längeren Zeitraum das alltägliche Leben abgespielt hat. Durch den Fund eines Bruchsteinbrunnens, der vermutlich der Öffentlichkeit zur Verfügung stand, konnte bestätigt werden, dass der Platz auch bereits in der Vergangenheit als solcher genutzt wurde. Der partiell freigelegte Brunnen ist komplett verfüllt, weswegen die tatsächliche Brunnentiefe bisher nicht rekonstruiert und die Sohle nicht erreicht werden konnte. Da eventuell datierbare Funde eher am Boden des Brunnens gefunden werden können, gibt es bisher keine belastbaren Hinweise auf ein Alter des Brunnens.
Bei den weiteren Arbeiten am Elsbergplatz wurde eine alte Straßenoberfläche freigelegt. Rundhölzer (in NO-SW-Ausrichtung), sowie einzelne Bruchsteine bildeten die alte Oberfläche zwischen Münsterstraße und Krickmarkt.
Ausgrabung "Münsterstraße" und "Freckenhorster Straße " in Warendorf
Bei den umfangreichen Leitungsarbeiten in der Münsterstraße und der Freckenhorster Str. treten regelmäßig Befunde wie z. B. Kulturschichten und alte Straßenoberflächen zu Tage, die von der Stadtarchäologie dokumentiert werden.
Besonders im Bereich zwischen der Alten Schulstraße und In den Lampen war die Befunderhaltung der historischen Freckenhorster Straße bemerkenswert. Bei den Tiefbauarbeiten konnten immer wieder Rundhölzer in West-Ost-Ausrichtung freigelegt werden. Solche Bohlenwege oder Knüppeldämme wurden bis in die frühe Neuzeit als Straßenoberfläche verwendet.
Neben alten Oberflächen konnten auch Strukturen wie Brunnen (zwischen Münsterstraße 16 & 18, sowie Münsterstraße 15), alte Kellerfundamente, aber auch Reste der Stadtbefestigung (Freckenhorster Tor) freigelegt und dokumentiert werden.
Ausgrabung "Grüner Markenweg" in Einen
Bereits 2019 wurden erste Suchschnitte auf dem geplanten Baugebiet Grüner Markenweg in Warendorf-Einen durch Mitarbeiter der LWL-Archäologie für Westfalen durchgeführt. Dabei wurden Bodenverfärbungen/Befunde freigelegt, die Hinweise auf eine eisenzeitliche Besiedlung des Areals nahelegten, was zu einer bauvorgreifenden Untersuchung des 1. Bauabschnitts durch Mitarbeiter der Stadt Warendorf im Jahr 2020 führte.
Seit Mai 2024 finden weitere bauvorgreifende archäologische Ausgrabungen im Bereich des 2. Bauabschnittes des Baugebietes "Grüner Markenweg" statt, die durch die Stadtarchäologie Warendorf in (fachlicher) Kooperation mit der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Münster, durchgeführt werden. Um das dortige Befundaufkommen besser einschätzen zu können, wurden ergänzende Suchschnitte vornehmlich im Westen des Baugebiets angelegt. Dieses Vorgehen hat das Ziel die genauen Befundkonzentrationen zu lokalisieren und eventuell Flächen bei den folgenden Ausgrabungen aussparen zu können. Nach der genaueren Untersuchung der freigelegten Befunde kann eine genauere Einschätzung über den weiteren Verlauf erfolgen. (Sollten keine weiteren Suchschnitte mehr notwendig sein, werden größere Areale im Osten des 2. Bauschnittes geöffnet und untersucht.) Sobald die archäologischen Untersuchungen auf dem 2. Bauabschnitt abgeschlossen sind, wird das Areal aus archäologischer Sicht zur weiteren Verwendung freigegeben.
September 2024
In den vergangenen Wochen wurde der östliche Bereich des Baugebiets weiter freigelegt um die dortigen archäologischen Befunde zu untersuchen. Dabei wurden neben kleineren (Pfosten-)Gruben auch einige größere Gruben freigelegt und dokumentiert werden. Nach aktueller Hypothese handelt es sich um ehemalige Vorratsgruben, die nach Entnahme der Vorräte, wieder verfüllt wurden. Dabei gelangte auch "vermeintlicher" Müll, wie z. B. Alltags- und Gebrauchskeramik, mit in die Grubenverfüllungen, die Hinweise auf die zeitliche Einordnung der Befunde liefern können.